Ende August fanden bei Amazon Betriebsversammlungen (sog. All-Hands) zum Thema Gehaltsspiegel statt. Dabei wurde uns mitgeteilt, dass der Grundlohn für die große Mehrheit der Lagerarbeiter_innen (Level 1) ab September um 1 Zloty auf 16 Zloty steigt. Auch die Zulagen für Betriebszugehörigkeit steigen: nach einem Jahr gibt es 17 Zloty, nach zwei Jahren 18 Zloty. Angesichts von zunehmend prekären Arbeitsverträgen und gestiegenen Nomen ist die Belegschaft mit diesen Lohnerhöhungen aber nicht zufrieden.
Seit diesem Jahr hat Amazon statt unbefristeter Verträge befristete Ein-Jahres-Verträge eingeführt. Angeblich zeigt sich darin Amazons “langfristige Politik, die darauf ausgerichtet ist, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein” – so drücken es die Vertreter der Firma auf dem Schwarzen Brett aus. Das bedeutet, dass die meisten Beschäftigten, besonders die Arbeiter und Arbeiterinnen der Leiharbeitsfirmen Adecco und Randstad, kaum eine Chance auf die Betriebszugehörigkeitszulage und auf einige andere Lohnzusätze haben. Schulungen bezahlt Amazon erst nach einem Jahr im Betrieb. Dabei kannst du ein halbes Jahr über eine Leiharbeitsfirma arbeiten, dann kommen drei Monate Probezeit und erst dann bekommst du den Ein-Jahres-Vertrag. Schon jetzt gibt es nur wenige Arbeiter_innen in Level 1, die seit zwei oder drei Jahren dabei sind.
In der letzten Zeit sind auch die Normen (Mindestziele) gestiegen. Im Lauf der letzten 12 Monate sind sie in einigen Bereichen (Prozesse: LP/Receive, Pack Multi, Returns) um 40 Prozent, in anderen (Pack Single, Receive, Geschenke) um 20-30 Prozent gestiegen. Die Lohnerhöhungen bleiben also weit hinter dieser Arbeitsverdichtung zurück.
Im Mai 2017 hat die Inicjatywa Pracownicza eine Umfrage unter den Arbeiter_innen durchgeführt, u.a. zum Thema Erwartungen an Lohnerhöhungen. Daraus entstand ein Forderungskatalog an den Arbeitgeber mit der Forderung nach 30 Prozent Lohnerhöhung und weiteren Zulagen. Amazon hat die Erwartungen der Arbeiter_innen nicht erfüllt. Wenn es um Lohnerhöhungen geht, ignoriert Amazon die Gewerkschaften und macht deutlich, dass die Firma nichts auf die Vertretung der Belegschaft gibt, sondern nur auf Marktforschungen. Zu den Einzelheiten dieser Marktforschungen haben die Beschäftigten gar keinen Zugang. Wir begreifen aber gut, dass nach dieser Logik unsere Löhne immer nur einen kleinen Tick höher sein sollen als bei der Konkurrenz. Bei der statistischen Konkurrenz – wir kennen aber Lagerbetriebe im Raum Poznań und Wrocław, wo bereits die Einstiegslöhne bei 18-20 Zloty in der Stunde liegen.
Als Vertreter der Belegschaft sind wir dagegen, dass die Höhe unserer Löhne durch so ein Verfahren festgelegt wird, völlig abgekoppelt von der Höhe der Gewinne, die wir für die Firma erwirtschaften. Wir werden weiter Lohnerhöhungen fordern. Inzwischen hat die ebenfalls bei Amazon, aber hauptsächlich in den Zentren in Wrocław aktive Gewerkschaft Solidarność am 1. September 2017 angekündigt, dass sie einen offiziellen Arbeitskampf beginnen werden, wenn Amazon die Löhne nicht um 30 Prozent erhöht. Als Inicjatywa Pracownicza unterstützen wir diese Forderung und erklären hiermit, dass wir alle Initiativen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen unterstützen werden.
Wir als Gewerkschaftskommission der Inicjatywa Pracownicza bei Amazon befinden uns schon seit Juni 2015 in einem offiziellen Arbeitskampf. Wir haben bereits den kompletten Prozess von Lohnverhandlungen und Schlichtungen mitgemacht. Wir sind uns allerdings bewusst, dass Verhandlungen hinter verschlossenen Türen mit Amazon nicht ausreichen, um den Konzern zu Zugeständnissen zu zwingen. Für Lohnerhöhungen ist Druck von Seiten der Gewerkschaft, der Beschätigten und des Arbeitsmarkts nötig – je größer der Druck, desto größer die Chance, dass sich die Situation für uns alle verbessert.
Deshalb rufen wir zusammen mit Amazon-Beschäftigten aus anderen europäischen Ländern zu einem Internationalen Aktionstag am 24. November 2017 auf – unter der Parole “Make Amazon Pay”, d.h. “Amazon muss zahlen”. An diesem Tag, dem Black Friday, plant Amazon eine riesige Verkaufsaktion. Für den Aktionstag ist u.a. eine Blockade des Amazon-Distributionszentrums in Berlin geplant (siehe https://blackfriday.blackblogs.org). Zu unseren Plänen schreiben wir demnächst mehr!
OZZ Inicjatywa Pracownicza Amazon
(polnisches Original: http://ozzip.pl/teksty/informacje/ogolnopolskie/item/2296-inicjatywa-pracownicza-amazon-o-ostatnich-podwyzkach)
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