Vom 27. bis 29. September trafen sich gut 40 Amazon-Arbeiter*innen sowie Unterstützer*innen aus Europa und den USA. Es war bereits das neunte Treffen der „Amazing Workers“.
Zum Auftakt besuchten wir am Freitagmittag die Versammlung der streikenden Amazon-Kolleg*innen vor dem Fulfillment Center in Leipzig. In Redebeiträgen und Gesprächen unterstrichen wir, dass wir den Kampf für bessere Arbeitsbedingungen nur grenzüberschreitend und solidarisch gewinnen können.
Am Samstag organisierten wir vor dem lokalen Büro der Zeitarbeitsfirma Adecco in der Leipziger Innenstadt eine Kundgebung unter dem Motto „Leiharbeit und Befristung abschaffen – Spaltungen überwinden!“ Unternehmen wie Adecco unterstützen durch ihre „Dienstleistung“ die systematische Spaltung der Belegschaften, die Amazon weltweit betreibt. Befristete Verträge stellen weiterhin ein Druckmittel auf die Belegschaften dar. Oft sind migrantische Arbeitskräfte von diesen prekären Arbeitsverhältnissen betroffen, wie in den Diskussionen herauskam: Geflüchtete in Berliner Sortierzentren, weißrussische und ukrainische Zeitarbeiter*innen in Poznań, afrikanische und lateinamerikanische Migrant*innen in den USA. Diese Kolleg*innen haben einen höheren sozialen und ökonomischen Druck, den Amazon entgegen seiner antirassistischen Selbstdarstellung ausbeutet.
Während und um das Treffen herum begegneten sich Menschen mit verschiedenem Hintergründen in Plenumsräumen, hinter Bannern und in Kneipen. Wir lernten uns alle besser kennen und tauschten unsere Erfahrungen teilweise mit Händen und Füßen aus. Hier wurden aus Kolleg*innen, Bekannte und Freund*innen. Kurzum: Es entstand das zwischenmenschliche Gerüst unseres gemeinsamen Kampfes, in dem wir organisatorisch einen großen Schritt nach vorne gehen werden. Lag auf den vorherigen Treffen unser Schwerpunkt auf der Koordination von gemeinsamen Aktionen und dem Austausch über die Situation in den verschiedenen FCs, diskutierten wir diesmal den Aufbau gemeinsamer Organisationsstrukturen und einer gemeinsamen Strategie.
Die Auseinandersetzungen bei Amazon decken Schwächen der vorherrschenden Politik der europäischen und nordamerikanischen Gewerkschaftsbewegungen auf: Obwohl die nationalstaatlichen Grenzen für transnationale Konzerne durch die Aufhebung nationalstaatlicher Regulationen, Freihandelsabkommen an Bedeutung verlieren, organisieren sich die Arbeiter*innen nur national. Amazon versendet die Waren für den deutschen Markt mehrheitlich aus Nachbarländern wie Polen, Tschechien und der Slowakei. Das ermöglicht die europäische Zollunion. Hinter der Grenze sind die Löhne niedriger, die Arbeitsbedingungen schlechter und das Streikrecht beschränkter. Wenn die deutschen Kolleg*innen streiken, werden die Kolleg*innen aus Polen, Tschechien und der Slowakei zu Streikbrecher*innen gemacht. Die nationalstaatlich organisierte Gewerkschaft kann nichts dagegen zu tun.
Unsere Vision ist aber eine andere: Wir wollen gemeinsam für gemeinsame Forderungen streiken. Bei allen Unterschieden vereint uns der Umstand, dass wir einem gemeinsamen Arbeitgeber gegenüberstehen. Wir schließen uns nicht aus Idealismus zusammen, sondern weil wir denken, dass wir nur vereint eine Chance haben, unsere Interessen gegen Amazon wirksam durchzusetzen. Wir sehen uns nicht als eine neue Gewerkschaft, sondern als Arbeiter*innen aus verschiedenen Gewerkschaften mit verschiedenen Ausrichtungen und Tradition. Vielmehr sehen wir uns als eine Ergänzung zu den nationalen Gewerkschaftsorganisationen. Da die Gewerkschaftsführungen heute nicht in der Lage sind, diesen für uns notwendigen Schritt der Transnationalisierung des Arbeitskampfes zu gehen, müssen wir als Mitglieder von der Basis ihn wagen. Wir haben nur ein Leben und können nicht warten! Wir erhoffen uns die solidarische Unterstützung unserer lokalen und nationalen Gewerkschaften.
Wir haben ein achtköpfiges Komitee berufen mit Arbeiter*innen und Unterstützer*innen aus verschiedenen Ländern. Dessen Aufgabe ist es einerseits kommissarisch die organisatorischen Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit zu übernehmen, andererseits bis zum nächsten Treffen einen Vorschlag für den Aufbau einer Organisation und Strategie vorzulegen. Des Weiteren beschlossen wir weitere gemeinsame Aktionen für die kommenden Monate.
Das nächste Treffen soll Anfang März 2020 in Madrid stattfinden. Kommt vorbei und lasst uns mehr werden!
Same struggle, same fight – Workers of the World Unite